Verbunden und frei in einer Welt, die verrückt spielt - Gedanken und etwas Familiengeschichte einer (Online-) Paartherapeutin

Eltern- und Liebespaare erzählen

Ich habe im letzten Jahr Paare interviewt, denen das Leben einige besonders kantige Steine vor die Füße geschmissen hat. Und Paare, die einen ganz eigenen, eher unkonventionellen Weg in ihr Glück gegangen sind. Paare, die sich als glücklich in ihrer Beziehung erleben.

 

Eine der Fragen, die ich den Paaren gestellt habe, beschäftigt viele Liebes- und Elternpaare, so auch die Paare die mir in meiner (Online-) Praxis für Paartherapie und Elternberatung begegnen:

 

Wie können Eltern, die ein Liebespaar sind oder waren, eine gute Beziehung führen? Vielleicht (wieder) als Liebespaar, aber allem voran als Menschen?

 

Ich höre Paaren gerne zu. Ihre Geschichten sind lustig oder schräg, manchmal romantisch, laut und wild oder leise und manche Geschichten sind unendlich traurig. Von vielen Eltern- und Liebespaaren darf ich lernen. Beratung und Therapie sind nach meinem Verständnis keine Einbahnstraßen.

 

Von einem Liebespaar habe ich besonders viel gelernt - ein Paar, das ich viel länger kenne, als ich mich aus fachlicher Sicht mit Partnerschaft und Familienleben beschäftige. Es ist ein Liebespaar, das seit mehreren Jahrzehnten eines der glücklichsten Paare ist, das ich kenne (im Sinne von miteinander von Herzen zufrieden und froh, sich gegenseitig unterstützend und das Leben "trotz allem" gemeinsam genießend).

 

Es sind meine Eltern.

 

Beim Blick zurück habe ich manches zu kritisieren - wie könnte es anders sein. Als Tochter, als (Online-) Psychologin, als Kind einer Generation von Eltern, die noch von einer Erziehungsidee beeinflusst war, die die Unterdrückung des Bindungssystem zum Ziel hatte.

 

Und wiederum Manches hätte besser nicht sein können. Zum Beispiel, dass ich von Anfang an erlebt habe, wie Menschen in einer Liebesbeziehung warmherzig miteinander umgehen. Vom Glücksrezept anderer Menschen lässt sich nicht unbedingt auf ein eigenes Glücksrezept schließen. Meine Eltern haben an vielen Stellen andere Vorstellungen und Werte als ich sie habe. Gleichzeitig brauchen wir als Menschen ja schon Modelle. Wir brauchen eine Ahnung davon, wie es gehen könnte. Und vielleicht fällt es mir deshalb leicht daran zu glauben, dass es die Liebe bei Paaren, die eine ganze Weile - und manchmal noch länger - richtig gut tut, wirklich gibt.

 

Akzeptieren, was sich nicht ändern lässt und gestalten, was in unserer Hand liegt

Meine Eltern gehören zu den Paaren, denen das Leben immer wieder Hürden auf den Weg geworfen hat. Sie konnten manche Hürde nicht aus dem Weg räumen und haben es auf ihre eigene, nahezu magische Weise hingekriegt, gemeinsam darüber hinwegzuklettern.

 

Es gibt Bereiche unseren Lebens, die wir uns nach Lust und Laune so gestalten können, wie es uns gefällt. Und daneben gibt es Manches, das wir einfach nicht ändern können. Manches ist, bei allem Drehen und Wenden, nicht wie wir es uns wünschen.

 

Um diesen letzteren Bereich dreht sich meine Arbeit. Die Erfahrungen, mit denen wir hadern, über die wir traurig oder wütend sind - und manchmal ein Leben lang bleiben.

 

Wir dürfen Dinge scheiße finden und gleichzeitig in ihnen das Potenzial für die eigene Lebenskunst entdecken und entfalten.

 

Es gibt ein wunderbares Zitat von Virginia Satir. Virginia Satir war eine Familientherapeutin, die die systemische Therapie sehr geprägt hat:

 

"Das Leben ist nicht das, was es sein sollte. Es ist, was es ist. Die Art und Weise, damit umzugehen, macht den Unterschied.”

 

Wir dürfen das Schwere mit dem Leichten verbinden. Unsere Kinder zeigen es uns: wenn sie gestresst sind, spielen sie mit ihren Lieblingssachen oder holen ihre Lieblingsbücher aus dem Regal. Wenn sie angespannt sind, springen sie. Wenn sie etwas Blödes erlebt haben, spielen sie die Situation auf. Auch wir Erwachsene dürfen Blickwinkel ändern und Möglichkeiten erproben - mit der Haltung, dass in den Stolpersteinen des Lebens Gelegenheiten liegen, um die Ressourcen zu erweitern, die wir für ein lebendiges und erfülltes Leben brauchen.

 

Diese Grundannahme spiegelt sich in meinem psychologischen Kinderbüchern. Und ich habe sie zutiefst verinnerlicht und mache die Erfahrung: Wenn wir diese Haltung gegenüber dem Leben verinnerlichen, kann uns nichts mehr passieren.

Gar nichts. Wir suchen und finden (!) den Gestaltungsspielraum und die Antworten stets in uns selbst.

 


Wer schreibt hier?

 

Dies ist das Blog des Halthafens von Julia Schneider.

 

 

Meine Texte ergeben sich aus der Beschäftigung mit psychologischer und systemischer Literatur und Forschung, meinen Erfahrungen in der Paartherapie mit Eltern in meiner Praxis in Darmstadt und der Paarberatung und Paartherapie online sowie aus meinem Leben als Mama von zwei Kindern. Aus meiner Arbeit heraus entwickele ich außerdem psychologische Kinderbücher. Wenn du über neue Texte informiert werden magst, folge mir gerne auf Instagram oder trage dich gern für meinen Newsletter ein