"Angst als wichtigen Hinweis interpretieren!" - über Trennungsangst bei Kindern und Erwachsenen


In diesem Artikel findet ihr einige Gedanken und Hinweise zum Thema "Trennungsangst bei Kindern und Erwachsenen - aus meiner Sicht als Psychologin und (Online-) Paartherapeutin


Trennungsangst bei Kindern

Wenn wir von "Trennungsangst" sprechen, beschreiben wir Ängste, die meist mit Kindern in Verbindung gebracht werden - insbesondere wenn sie von ihren Eltern oder anderen Lieblingsmenschen getrennt werden.

 

Bleiben wir zunächst bei den Kindern. Kinder können viel Energie mobilisieren, wenn sie sich dafür einsetzen, nicht alleine gelassen zu werden. Das ist ihr evolutionsbiologisches Erbe und aus Sicht der Kinder sehr sinnvoll.

Beispielsweise morgens beim Bringen in die Kita oder den Kindergarten, wenn Kinder spüren dass die Lieblingserzieherin oder der Lieblingserzieher gerade keine Zeit hat.
Wer weiß schon, wer dann hilft, wenn es ein Problem gibt, das das Kind nicht alleine lösen kann?
Oder am Abend, wenn die Kinder spüren, dass sich die Müdigkeit auf ihre Augen legt und die Reise in das Land der Träume bald beginnt. Und wer weiß schon, ob dieses Land nicht vielleicht etwas Verwirrendes oder Gruseliges bereithält?
Dann können Kinder ihren ganzen Körper einsetzen - für ein wichtiges Anliegen: Das Anliegen „die Gruppe zusammenzuhalten“. Dann weinen sie und halten sich fest, dann treten oder toben sie. Denn sie brauchen Erwachsene, die Brücken schlagen, begleiten und unterstützen.

Mein Blogartikel über Trennungsangst bei Kindern gehört zu den am meisten gelesenen Artikeln von mir (hier findet sich der Artikel: "Trennungsangst bei Kindern - über einen Zauberbeutel, der Kindern helfen kann, mit Trennungen zurecht zu kommen"). Dass dieser Artikel so oft gelesen wird, spiegelt eine  wunderbare Entwicklung: Viele Eltern suchen nach feinfühligen Wegen im Umgang mit der Trennungsangst ihrer Kinder. Die Brechstangen-Methoden, die den Gefühlen der Kinder wenig Raum lassen, sind nicht mehr überall gefragt. Und das ist gut so.

Es gibt einen psychologischen Fachbegriff für die Verhaltensweisen von Kindern, die sie für das Zusammensein einsetzen (wenn sie weinen, sich anklammern oder sich hinter den Erwachsenen verstecken): "Protestverhalten". Es ist das Bindungssystem der Kinder, das protestiert. Das Bindungssystem hat die Aufgabe zu regeln, dass mit den Lieblingsmenschen alles stimmig abläuft und das "die Gruppe zusammenbleibt und Schutz bietet".

Illustration aus dem Kinderbuch "Ela, Elmo und die Zaubermomente"
Illustration aus dem Kinderbuch "Ela, Elmo und die Zaubermomente"
Illustration aus dem Kinderbuch "Ela, Elmo und die Zaubermomente"
Illustration aus dem Kinderbuch "Ela, Elmo und die Zaubermomente"

Auch Erwachsene kennen Trennungsangst - und dürfen ihre Angst als wichtiges Signal Interpretieren

Auch wir Erwachsenen protestieren, wenn unser Bindungssystem mit einer Sache nicht einverstanden ist. Auch wir haben manchmal Angst davor, alleine dazustehen. Wir haben manchmal Angst davor, von den vielen kleinen Stolpersteinen oder den spitzkantigen Riesenfelsen des Lebens  überschüttet zu werden - und niemanden zu haben, der uns zur Seite steht.

 

Jede erwachsene Person kann Trennungsangst erleben - die Intensität und Ursachen können von Person zu Person variieren. Wenn diese Ängste das tägliche Leben beeinträchtigen oder Beziehungen zum Partner/ der Partnerin oder den Kindern belasten, kann es hilfreich sein, professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen, um einen Umgang mit der Trennungsangst zu entwickeln. Dabei ist es aus meiner Sicht besonders wertvoll und hilfreich, wenn wir Trennungsangst als etwas bewerten, was für alle Gefühle gilt: als ein Signal, das uns dabei hilft unser Leben entsprechend unserer Bedürfnisse und Merkmale zu gestalten. Die "reifen, erwachsenen" Strategien kann man sich nach und nach aneignen - bzw. können Paare miteinander entwickeln, auch und gerade wenn Trennungsangst eine Rolle spielt.

 

In der (Online-) Paartherapie begegnen mir zum Beispiel Mauern und Schweigen von Partnern und Partnerinnen, um "dem/ der anderen zu zeigen, wie weh das tut, alleine gelassen zu werden". Diese Verhaltensweisen zählen wir vielleicht nicht zu den "reifen, erwachsenen" Strategien, die wir in unserem Repertoire haben. Gleichzeitig sind sie alles andere als "doof" oder "dämlich", weil sie - und da wiederhole ich mich gerne - wichtige Signalgeber dafür sein können, wo es im Miteinander hängt.

Worte und Bilder, um Gefühle fassen zu können

Oft helfen erst einmal Worte - oder Bilder - für die Angst vor dem Alleinsein.

 

In den Fotos hier in diesem Artikel seht ihr Illustrationen aus meinem Kinder- und Familienbuch "Ela, Elmo und die Zaubermomente. Ein Kinderfachbuch über Bindung". Ela und Elmo zeigen, wie Bindung funktioniert. Die Geschichte lädt Kinder und Erwachsene dazu ein, über Bindungsverhalten und Trennungsangst ins Gespräch zu kommen.

 

Und das gemeinsame Sammeln von Zaubermomenten, wie es Ela mit Elmo tut, hat in den kalten Monaten übrigens eine besondere Bedeutung: Zaubermomente wärmen von innen!

 



Dies ist das Blog des Halthafens von Julia Schneider, Psychologin und Mutter von zwei Kindern.

 

Meine Texte ergeben sich aus der Beschäftigung mit psychologischer und systemischer Literatur und Forschung, meinen Erfahrungen in der Paartherapie mit Eltern in meiner Praxis in Darmstadt und der Paarberatung und Paartherapie online sowie aus meinem Leben als Mama von zwei Kindern. Aus meiner Arbeit heraus entwickele ich außerdem psychologische Kinderbücher. Wenn du über neue Texte informiert werden magst, folge mir gerne auf Instagram oder trage dich gern für meinen Newsletter ein.