Trennungsangst bei Kindern - über einen Zauberbeutel, der Kindern helfen kann, mit Trennungen zurecht zu kommen

„Mama/Papa nicht gehen!“

 Als Eltern haben wir alle diesen Satz schon gehört – manches Mal begleitet von einem festhaltenden Händchen oder einem traurigen Blick. Trennungen von Lieblingsmenschen können weh tun – nicht nur Kindern, sondern auch uns Eltern. Als Psychologin und (Online-) Paartherapeutin mit Blick auf die Kinder begegnet mir oft die Frage: "Wie können wir unser Kind dabei unterstützen, mit Trennungen umzugehen?" Hier stelle ich Eltern zum Thema "Trennungsangst von Kindern" einige Gedanken und Hilfestellungen zur Verfügung - auf Basis von Bindungsforschung und therapeutischen Erfahrungen.


Trennungsschmerz bei Kindern mit 4, 5 und 6 Jahren

Situationen, in denen wir Trennungsschmerz unserer Kinder miterleben, können für uns als Eltern mit einer bunten Palette an Gefühlen verbunden sein: mit Verunsicherung, mit Traurigkeit oder Ärger - und manchmal sind wir einfach angestrengt, weil wir müde sind und keine Ideen mehr haben, was helfen könnte. Bei manchen Kindern kommt der Trennungsschmerz am Morgen, wenn die Eltern zur Arbeit gehen wollen und den Kindern der Abschied im Kindergarten oder bei den Großeltern Kummer macht. Manchen Kindern fällt der Abschied von ihren Kindergarten- oder Schulfreund*innen am Nachmittag schwer, wenn sie mit ihnen gerade noch die Welt auf den Kopf gestellt haben. Manchmal kommt der Kummer am Abend, wenn ein Elternteil zum Sport gehen möchte. Kinder, deren Eltern sich als Liebespaar getrennt haben, vermissen manchmal den Elternteil, der gerade nicht da ist.

 

Trennungsschmerz hat also "viele Gesichter" - auch und gerade bei älteren Kindern mit beispielsweise 5 oder 6 Jahren.  

 

Der Trennungsschmerz der Kinder berührt auch die Eltern

Der Trennungsschmerz der Kinder berührt auch die Eltern – schließlich kennen wir dieses Gefühl, es tangiert unser Bedürfnis nach Bindung. Da geht es mir als Mama von zwei Kindern genauso wie allen anderen Eltern auf dieser Welt. Viele Eltern fragen sich, wie sie ihren Kindern dabei helfen können, Trennungen zu bewältigen. Diese Frage beschäftigt auch die Elternpaare, mit denen ich in meiner (Online-) Praxis arbeite, immer wieder.

Mir ist hierbei zunächst einmal immer wichtig, einen neugierigen und wertschätzenden Blick auf unser Bindungsbedürfnis zu werfen.


„Trennung“ ist übrigens ein existentielles Thema, das uns alle in verschiedenen Facetten betrifft. Denn Trennung – in welcher Form auch immer – spielt nicht nur bei Kindern eine Rolle, sondern z.B. auch in Liebesbeziehungen. In der (Online-) Paarberatung und Paartherapie geht es manchmal um emotionale Distanz oder unausgesprochene Verletzungen (innere Trennungen) oder Trennung im Sinne eines Endes der Beziehung. In der Therapie geht es dann oft darum, wie man damit umgehen kann – als Paar und als Eltern.


Was Trennungsschmerz mit Bindung zu tun hat – für Eltern verständlich erklärt

Eines unserer wertvollsten Merkmale, das uns als Menschen ausmacht, ist, dass wir vertrauten Menschen nah sein wollen. Entwicklungspsychologisch-fachsprachlich heißt dieses Bedürfnis das „Bindungsbedürfnis“.

 

Unser Bindungsbedürfnis dient zunächst einmal dem Schutz. Kinder sind auf Schutz, Pflege, Fürsorge und Zuwendung von Erwachsenen angewiesen. Sie signalisieren auf unterschiedliche Weisen, wenn sie irgendeine eine Form von Hilfe und Zuwendung von ihren Eltern oder anderen Bezugspersonen brauchen. Fachleute sprechen dann von einem „aktivierten Bindungssystem“. Es sorgt dafür, dass die Bedürfnisse von Kindern erfüllt werden – was für Kinder besonders wichtig ist, wenn sie selbst noch nicht fähig dazu sind. Wenn Erwachsene häufig und in feinfühliger Weise auf ein Kind reagieren, fühlt sich ein Kind bei diesem Menschen wohl und sicher.

 

Wenn wir uns diesen Aspekt bewusstmachen, ist wunderbar nachvollziehbar, dass unser Bindungsbedürfnis „auf die Barrikaden“ gehen kann, wenn sich ein Mensch, der uns wichtig ist, entfernt.

 

Insbesondere Kinder reagieren auf Trennungen, mit denen sie nicht einverstanden sind, häufig unmittelbar und intensiv. Es ist normal, dass Kinder mit all den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln (das kann weinen oder anklammern sein oder auch schreien und toben) deutlich machen, dass sie nicht einverstanden sind. Die Trennung von einer Bezugsperson erhöht schließlich die Wahrscheinlichkeit, dass sie mit einer Herausforderung, einer Sorge oder einem Problem, das sie vielleicht noch nicht alleine lösen können, alleine dastehen könnten. Doch nicht nur die Kinder erleben, wie es sich anfühlen kann, wenn unser Bindungsbedürfnis protestiert. 

 

Wenn dein Kind also zum Beispiel morgens an dir klammert, sträubt es sich nicht einfach „gegen den Kindergarten“, sondern zeigt dir, wie wichtig du ihm bist. Das ist kein Zeichen von Schwäche – sondern von Bindungskraft.

 

Auch wir Erwachsene kennen das Gefühl, einen anderen Menschen zu vermissen. Das Vermissen ist manchmal mit Ärger oder Wut verbunden, manchmal mit Traurigkeit.

 

Reaktionen auf Trennungen von vertrauten Menschen sind wichtig, wertvoll und normal (wenngleich Kinder manchmal unsere Hilfe dabei brauchen, ihren Ärger auf eine Weise auszudrücken, die andere Menschen nicht verletzte, aber das ist noch einmal ein anderes Thema).

 

Kein Platz für Trennungsangst und Trennungsschmerz bei Kindern? Der Blick auf individuelle Unterschiede

Wir leben in einer Gesellschaft, in der wir unser Bedürfnis, anderen Menschen nah zu sein, insbesondere das Bindungsbedürfnis der Kinder, noch immer vielerorts mit Füßen treten.

 

Menschen unterscheiden sich darin, wie viel Nähe sie zu vertrauten Menschen brauchen und auch in welcher Form. Und so gibt es Kinder und Erwachsene, die mehr Nähe brauchen als andere. Aus evolutionsbiologischer Sicht machen Unterschiede Sinn. Eine Gruppe hat bessere Überlebenschancen, wenn wir nicht alle gleich sind. Es braucht Menschen, die die Gruppe zusammenhalten. Und genauso braucht es Menschen, die einen größeres Bedürfnis nach Freiraum haben und sich mutig in Abenteuer stürzen. Als Menschen bringen wir Unterschiede in unserem Temperament mit und hinzukommt, dass jeder Mensch einen individuellen Pool an Erfahrungen hat.

 

Diese Unterschiede zeigen sich in verschiedenen Lebensbereichen von Familien. In den Kindergärten beispielsweise: es gibt Kinder, die mit knapp drei Jahren gut damit klarkommen, wenn Mama und Papa sich verabschieden und die zum Abschied freudig winken. Und es gibt Kinder, die auch noch mit 6 oder 7 Jahren morgens eine Brücke zu einer anderen Bezugsperson brauchen (auch in der Schule), damit sie sicher in den Tag außer Haus starten können. Auch in andere Bereichen (wie beispielsweise beim Einschlafen am Abend, beim Übernachten bei Oma und Opa, auf Klassenfahrten usw.), gehen Kinder unterschiedlich mit Trennungen um.

 

Wir leben in einer Gesellschaft, in der das Bedürfnis nach Nähe oft als Schwäche gilt – gerade bei Kindern. Dabei ist es völlig normal, dass manche Kinder (und Erwachsene) mehr Sicherheit brauchen als andere. Unterschiede im Bindungsstil sind kein Fehler, sondern Ausdruck von Temperament und Erfahrung.

 

Wenn Kinder Trennungsschmerz erleben, werden manchmal allzu voreilig Rückschlüsse auf die „Fehltritte“ der Eltern gesucht. Die Eltern könnten nicht loslassen, seien selber schuld, weil sie die Kinder jahrelang „verwöhnt“ haben. Diese Rückschlüsse übersehen die Tatsache, dass jeweils eine Vielzahl von Faktoren Erleben und Verhalten eines Menschen beeinflussen. Außerdem spiegeln diese Rückschlüsse eine Haltung wieder, mit der zumindest ich anderen Menschen nicht begegnen möchte: eine Haltung, die geprägt ist von der Suche nach Schuld.

 

Was Trennungsangst bei Kindern mit der Paarbeziehung zu tun haben kann

Wenn Kinder Trennungen schwerfallen, lohnt sich manchmal auch der Blick auf die (Liebes-)Beziehung als Eltern. Unsere Kinder spüren, wie sicher wir uns in unseren Beziehungen fühlen – auch in der Partnerschaft. Nicht selten taucht in der (Online-) Paartherapie die Frage auf: „Reagiert unser Kind vielleicht so stark, weil wir selbst gerade innerlich nicht ganz verbunden sind?“

 

Dabei geht es nie um Schuld oder Ursachen im engeren Sinn – sondern darum zu verstehen, wie Bindung wirkt. Wenn Eltern sich mit ihren eigenen Bindungsmustern beschäftigen, entsteht oft mehr Verständnis – füreinander und für das Verhalten des Kindes. Denn Kinder brauchen nicht nur sichere Bezugspersonen, sondern auch das Gefühl, dass das Netz zwischen den Erwachsenen trägt.

 

In meiner bindungsorientierten Paartherapie begleite ich Eltern dabei, diese Verbindung zu stärken – für sich selbst und für ihre Kinder. Wenn ihr in diesem Bereich als Eltern Unterstützung sucht - online oder in Darmstadt -, könnt ihr mich gerne kontaktieren.  

 

Übergangsobjekte, die Kindern bei Trennungsschmerz Halt geben

Als Eltern können wir immer etwas tun. Zunächst einmal geht es darum zu schauen, ob die Kinder eine ausreichend tragfähige Beziehung zu den Bezugspersonen haben, die nach dem Verabschieden für sie zuständig sind (das gilt auch für Großeltern und anderen Familienmitglieder). Auf einer solchen Beziehung sollte unser Fokus liegen und sie entsteht, wenn Kinder die Erfahrung machen, dass sie mit einem Menschen eine gute Zeit haben und sich auf ihn verlassen können, wenn Herausforderungen auftauchen.

 

Manche Kinder profitieren von sogenannten Übergangsobjekten – Dinge, die ihnen Sicherheit geben und symbolisch die Verbindung zu ihren Eltern aufrechterhalten. Das kann zum Beispiel sein:

  • Ein Tuch, das nach Mama oder Papa riecht
  • Das Lieblingskuscheltier
  • Ein Zettel mit der Telefonnummer der Eltern
  • Ein Tropfen Orangenöl, das sich die Eltern und die Kinder auf den Handrücken geben
  • Eine kleine Botschaft in der Brotdose

Hier dürfen Familien unterschiedliche Dinge ausprobieren, verwerfen, was nicht passt und beibehalten, was hilft. Häufig braucht es etwas Zeit, den eigenen Weg zu finden.

 

Psychologische Kinderbücher, die Trost bei Trennungsschmerz spenden können

Kinderbücher können Eltern helfen, Worte zu finden und sie können Kindern vermitteln: "Du bist nicht allein damit!" 

Es gibt eine Reihe von Kinder- und Fachbüchern, die die Themen „Trennungen“, „Trauer“ oder die Traurigkeit aufgreifen.

 

Ein psychologisches Kinderbuch über Trennungsschmerz und den Zauber von Bindung habe ich in Zusammenarbeit mit dem Frankfurter Mabuse-Verlag und der Illustratorin Marlene Monzel entwickelt: „Ela, Elmo und die Zaubermomente“. Kindern und Erwachsenen kann es helfen, zu sehen, dass es ganz normal ist, aufgeregt oder traurig zu sein, wenn ein Lieblingsmensch sich verabschiedet. Ela und Elmo vermitteln die Botschaft: „Du bist nicht allein mit deinem Kummer!“ und sie zeigen, wie ein möglicher Umgang mit der Traurigkeit aussehen könnte.

 

Und letztlich aber nicht weniger wichtig: Ela und Elmo laden zu gemütlichen Momenten auf Sofas, Matratzen und in Lesehöhlen ein, in denen Erwachsene und Kinder gemeinsam Zeit verbringen. Denn, wenn bindungsrelevante Momente entstehen, Können Kinder ihren "inneren Beutel von Zaubermomenten" füllen. Wenn dieser Beutel gut gefüllt ist, profitieren sie in vielen verschiedenen Bereichen ihres Lebens davon.

 


 

Ela, Elmo und die Zaubermomente

Ein Kinderfachbuch über Bindung

Julia Schneider / Marlene Monzel

 

Ein Kinderfachbuch ab 4 Jahren über das Vermissen, große Gefühle und den Zauber von Bindung. Mit Mitmachteil für Kinder und Fachteil für Erwachsene.

 

Erhätlich: "Ela, Elmo und die Zaubermomente" kann über den Mabuse-Verlag bestellt werden oder überall, wo es Bücher gibt.


Angst ist ein Gefühl und Gefühle wollen reguliert werden. Eltern, die ihre Kinder bei der Regulation großer Gefühle unterstützen wollen, können außerdem dieses Buch nutzen:

Mona und die magische Gefühlsleiter

Emotionsregulation und körperliche Regulation zauberhaft erklärt

Julia Schneider / Marlene Monzel

 

Ein Buch über Emotionsregulation für Kinder ab 5, das innere Vorgänge wie Wut, Rückzug oder Überforderung kindgerecht erklärt. Mit vielen Metaphern, Übungen und Online-Material für Eltern.

 

Erhätlich: "Mona und die magische Gefühlsleiter" kann über den Ernst Reinhardt Verlag bestellt werden oder überall, wo es Bücher gibt.

 


Bindungsorientierte Paartherapie online und Paartherapie in Darmstadt für Paare mit Kindern

 

Ich bin Julia Schneider und begleite als Psychologin und Paartherapeutin Eltern auf ihrem Weg in eine haltgebende Beziehung. Mein Ansatz verbindet (Online-) Paartherapie mit einem besonderen Blick auf die kindliche Entwicklung: Kinder lernen bei jedem Schritt der Eltern, wie Liebe gelingt – ohne an den Terminen teilzunehmen und ohne von Erwachsenenthemen überfordert zu werden. Ich zeige Eltern, wie das geht.

 

Wenn ihr nach „Paartherapie in der Nähe“ oder einer flexiblen Online-Paartherapie sucht, seid ihr bei mir richtig. Meine Praxis für Paartherapie in Darmstadt ist digitalisiert, und ich begleite Paare deutschlandweit.

 

Basierend auf meinen Erfahrungen als Psychologin und Mama von zwei Kindern entwickle ich psychologische Kinderbücher, die Familien stärken können. Denn im Land der Fantasie wachsen wir über uns hinaus.