Ein tragfähiges, flexibles Band - über meine bindungsorientierte systemische (Online-) Paartherapie

Sichere Bindung: tragfähig und flexibel

Auf dem Spielplatz in unserem Stadtteil gibt es eine Art Trampolin. Es ist ein langes, schwarzes Band, das über drei Stangen gelegt und befestigt ist.

Die Kinder hüpfen darauf:

In der Sonne, im Regen, im Wind.

Dieses Trampolin erinnert mich daran, wie sichere Bindung ist:

tragfähig-stabil und gleichzeitig flexibel.

Für die Sprünge ins Lachen und ins Leben.

 

2008 gab es den Spielplatz noch nicht - und ich hatte auch noch keine Kinder.

2008 habe ich an der TU Darmstadt ein Curriculum in Familienpsychologie gemacht und begonnen, mich mit Streit von Eltern und den Auswirkungen auf die Bindungen der Kinder beschäftigt.

Paare, die viel streiten, fragen sich häufig, wie sie ihren Kindern dennoch Sicherheit und Geborgenheit geben können.

Entscheidend sind beispielsweise Häufigkeit und Heftigkeit von Streit und was nach einem Streit passiert; ob es gelingt, die Kinder im Blick zu behalten, für sie da zu sein und ihnen zu vermitteln, dass sie mit beiden Elternteilen in Verbindung sein dürfen.

 

Unser Bedürfnis nach Verbundenheit mit bestimmten Menschen ist eines unserer Grundbedürfnisse. Das bedeutet: ist es nicht erfüllt, geht es uns nicht gut. Und für Kinder ist dies von ganzen besonderer Bedeutung. Nie mehr wieder im Leben brauchen wir andere Menschen so sehr wie in den Jahren, in denen wir noch nicht selbst gehen, sprechen, unser Essen zubereiten, an die oberen Regalfächer dran kommen, uns selbst beruhigen, unsere Gefühle einordnen, Geld verdienen und überhaupt: durchs Leben segeln können.

Das Abhängigkeitsverhältnis ist nie wieder so massiv wie in unserer Kindheit.

 

... Unser Bindungsbedürfnis geht nicht weg. Es bleibt. Und es entwickeln sich neue Aspekte unseres Bindungssystems. So zum Beispiel das "romantisch-erotische".

Die Bindungsforschung hat sich zunächst mit der Eltern-Kind-Bindung beschäftigt. Und nach und nach die Paarbindung immer mehr wissenschaftlich unter die Lupe genommen.

Und so habe ich es auch gemacht:

Ich habe mein fachliches Augenmerk auf die Eltern-Kind-Bindung gerichtet - bevor ich mich auf Paarbindung konzentriert habe.

 

Bindungsorientierte systemische Paartherapie in meiner Praxis in Darmstadt und in meiner Onlinepraxis für Paare

Ich möchte in meinen eigenen Worten zusammenfassen, welche Überzeugungen meine paartherapeutische Arbeit in meiner Praxis in Darmstadt und in der Paartherapie online unter anderem prägen:

  • Bindung ist die Weise, wie wir uns miteinander fühlen: ist da ein tragfähiges Band zwischen uns oder fühlen wir uns unsicher? Und es geht um unsere Erwartungen: gehen wir davon aus, dass da ein Mensch ist, der von uns begeistert ist. Ein Mensch, der für uns in Situationen da ist, in denen wir einander gut gebrauchen können, um Freude oder Schmerz zu teilen.
  • Als Menschen steht uns ein Repertoire an Bindungsfacetten zur Verfügung: wir können "sichere Bindung" erleben (wenn wir sicher sein können, dass da jemand für uns ist), ängstlich verbunden sein (wenn wir sehr sensibel auf Signale des anderen Menschen achten und uns dabei öfter mal sorgen, dass die andere Person irgendwann nicht mehr für uns da ist), wir können Bindung vermeiden (wenn wir unseren Wunsch nach Nähe unterdrücken, weil das weniger schmerzhaft ist, als (wieder) abgewiesen zu werden) und auch einen desorgansierten Bindungsstil entwickeln (wenn wir ein heilloses inneres durcheinander erleben). Diese Facetten werden als "Bindungsstile" bezeichnet.
  • Eine Orientierung entlang der sogenannten Bindungsstile kann hilfreich sein. Gleichzeitig glaube ich, dass eine Kategorisierung unseren Fähigkeiten und unserer Vielschichtigkeit oft nicht gerecht wird und hier eher ein flexibler Umgang hilfreich ist.
  • Wie für alle psychischen Prozesse gibt es für unser Bindungssystem biologischen Korrelate: Strukturen und Prozesse in unserem Gehirn, im Nerven- und Hormonsystem, die eine Rolle spielen.
  • Unsere Bindungserfahrungen (Kindheit, frühere Partnerschaften, ect.) beeinflussen mit, wie wir uns in unserer Partnerschaft und als Eltern verhalten und gleichzeitig können wir uns ein Leben lang weiterentwickeln.
  • Die meisten von uns haben die Idee, dass wir als Partner*innen füreinander da sein wollen und sollten, wenn etwas aufregend oder traurig für uns ist - oder uns ärgerlich macht. Und wir wünschen uns, dass wir voneinander begeistert sind und bleiben. In der Paartherapie kann es darum gehen, was wir aktiv hierzu beitragen können und welche Fallen wir dabei vermeiden können.
  • Es ist normal, dass wir in unserer Partnerschaft Halt suchen. Und es ist normal, dass wir stark darauf reagieren, wenn wir uns unverbunden fühlen oder Angst haben verlassen zu werden.
  • Auf der anderen Seite: Es ist normal, dass wir in unserer Partnerschaft wir selbst bleiben möchten und unsere Autonomie zu wahren versuchen. Und wir reagieren stark darauf, wenn wir das Gefühl haben, "keine Luft zum Atmen mehr zu haben". Unser Bindungsbedürfnis wird ergänzt von unserem Bedürfnis nach Autonomie. In der Partnerschaft geht es darum, eine Balance zwischen Nähe und Autonomie zu finden.

Als Paar auf dem Trampolin...

Als Paar mit Kindern haben wir die Aufgabe, die Bedürfnisse vieler Menschen mit ihren jeweils individuellen Ausprägungen auszubalancieren. Was ich hier in einem Satz ganz leicht und schnell hinschreiben kann, ist im echten Leben oft eine große Herausforderung. Es ist nicht immer möglich, Lösungen zu finden, die für alle maximal zufriedenstellend sind. Und so gibt es auch immer wieder mal Phasen, in denen die Bindung zu einzelnen Famiienmitgliedern belastet sein kann - auch innerhalb der Partnerschaft.

Manche Konflikte lassen sich nicht lösen. Hier kann es in der Paartherapie beispielsweise darum gehen, mit unlösbaren Konflikten leben zu lernen.

 

Auch Paare brauchen eine Art Trampolin.

Um in der Sonne, im Regen und im Wind zu springen.

In die Lüfte des Lebens - und immer wieder das tragfähige Trampolin unter den Füßen spüren.

Das ist der Tanz zwischen Nähe und Autonomie.


Dies ist das Blog des Halthafens.

 

Meine Texte ergeben sich aus der Beschäftigung mit psychologischer und systemischer Literatur und Forschung, meinen Erfahrungen in der Paartherapie mit Eltern in meiner Praxis in Darmstadt und der Paarberatung und Paartherapie online sowie aus meinem Leben als Mama von zwei Kindern. Wenn du über neue Texte informiert werden magst, folge mir gerne auf Instagram oder trage dich gern für meinen Newsletter ein