Ein Blick aus dem Fenster und ein Blick nach vorn - Jahresrückblick 2020

Der Blick aus dem Fenster und die Veränderungen durch Corona aus meiner Perspektive

Wenn ich aus dem Fenster meines Büro-Arbeitsplatzes hinaussehe, kann ich von oben auf eine Bäckerei blicken. Von dort aus konnte ich einige der Veränderungen beobachten, die Corona nach und nach für unser Zusammenleben gebracht hat. Anfang des Jahres standen dort einige wenige Menschen mit Schutzmasken in der Schlange an. Dann kam die Maskenpflicht und auch die durchsichtige Scheibe am Bäckereitresen. Und der Mindestabstand zueinander wurde nach und nach von den allermeisten Kund*innen eingehalten.

 

Jeder blickt auf diese Welt durch seine Brille. Und so hatte ich beim Blick auf die Bäckerei womöglich andere Gedanken als sie ein Virologe, ein Altenpfleger oder eine Musikerin gehabt hätten.

 

Wenngleich ich unsere Maßnahmen als wertvollen und notwendigen Versuch sehe, einen Umgang mit dem Coronavirus zu finden, so rührte mich der Blick auf die Bäckerei immer wieder an. Und stimmte mich traurig.

Ich arbeite als Psychologin und Paar- und Familientherapeutin mit Menschen daran, (wieder) miteinander in Verbindung zu kommen. Daran, Partnerschaft und Familienleben aktiv zu gestalten, so dass Erwachsene und Kinder ein Zuhause finden, in dem sie sich wohlfühlen. Die Grundlagen meiner Arbeit sind unter anderem die Bindungs- und Stressforschung und Erkentnisse aus der Neurobiologie.

 

Wir sind als Menschen darauf angelegt, mit anderen Menschen in Verbindung zu sein.

Mimik, Gestik und Merkmale der Stimme spielen dabei eine wichtige Rolle für uns. Verbindung stellen wir in unseren verschiedenen Lebensbereichen auf unterschiedliche Weisen her. In der Partnerschaft anders als in der Beziehung zu unseren Kindern. Und zu unsere Kolleg*innen anders als zum Nachbarn, den wir in der Schlange beim Bäcker treffen.

Im Alltag kann das "miteinander in Verbindung treten" zum Beispiel auch mal dadurch geschehen, dass wir in der Schlange beim Bäcker z.B. durch Blickkontakt, ein Lächeln oder eine Geste miteinander abstimmen, wer nun als erstes an der Reihe ist.

 

Und wenn wir weniger gut in den Gesichtern anderer Menschen "lesen" können, uns seltener umarmen oder allgemein berühren, dann kann das Auswirkungen auf unser Wohlbefinden haben. Dann geht es uns im Großen und Ganzen vielleicht ein bisschen schlechter und wir haben weniger Ressourcen, um das Leben zu meistern.

 

Als Mama von zwei Kindern stand für mich in diesem Jahr stets im Vordergrund, eine Balance zu finden zwischen einem verantwortungsvollen Umgang mit der aktuellen Situation einerseits und einem menschlichen Miteinander in unserem Umfeld andererseits. Wichtig war für mich, dass meine Kinder nicht die Idee entwickeln, dass die Nähe zu den Menschen um uns herum gefährlich ist. Dass Spielen mit Freund*innen krank macht. Oder, dass sie die Verwandten in Gefahr bringen, wenn sie zu nah kommen. Und ich stand manchmal mit einigen Fragezeichen da und empfand es als große Herausforderung, da einen Weg zu finden.

 

Der Blick in die Onlinepraxis: Paarberatung, Paartherapie und Vorträge

Einen (neuen) Weg musste ich in diesem Jahr in meiner Arbeit nicht gehen. Bereits seit 2019 arbeite ich auch online und biete Paarberatung und Paartherapie im virtuellen Praxisraum an - für Paare unabhängig davon, wo sie wohnen.

In diesen Zeiten nutzen auch einige Paare, die vor Corona in meine Praxis in Darmstadt gekommen sind, gerne diese Möglichkeiten.

Dass ich diese Art des paartherapeutischen Arbeitens sehr schätze, habe ich immer wieder auch in anderen Texten hier im Blog beschrieben (beispielsweise hier oder hier). Die Flexibilität durch Online-Termine kann insbesondere für Elternpaare mit jungen Kindern sehr wertvoll sein.

 

In meiner Online-Praxis gibt es seit Dezember einen neuen "Baustein": Das Hafencafé, meine Online-Vortragsreihe für Paare mit Kindern. Zwei Vorträge sind seit Dezember online:

  • "Streit in der Partnerschaft - über einen möglichen Umgang mit den Wellen des Familienlebens"
  • "Bindung und Partnerschaft - Nähe und Freiraum als Paar"

Für 2021 plane ich zwei weitere Vorträge zu Themen, die Paare in der Paartherapie in Darmstadt und in der Online-Paarberatung beschäftigen.

 

Mit dem Hafencafé möchte ich einen Rahmen anbieten, in dem Paare gemeinsame Zeit verbringen und gleichzeitig als Partner*innen neue Perspektiven erproben können. Und auch, dass Parter*innen einzeln sich Zeit nehmen für einen Blick auf die Partnerschaft. Mir geht es darum, paarpsychologische und neurobiologische Grundlagen für (Eltern-)Paare im Alltag nutzbar zu machen.

Die Vorträge lassen sich auch als Einstieg oder Ergänzung zu einer Paartherapie nutzen.

 

Das Hafencafé biete ich über die "Familienbildung online" an, eine Plattform mit wunderbaren Online-Angeboten für Familien von Fachleuten aus verschiedenen Bereichen.

 

Der Blick in meine Praxis für Paartherapie in Darmstadt

Mit meinem Praxisraum bin ich zum Ende des Jahres in einen neuen Raum umgezogen. Mein Praxisraum befindet sich nun in den schönen Räumen eines Altbaus im Darmstädter Johannesviertel. Hier kreuzen sich nun auch beruflich die Wege mit meiner langjährigen Freundin und Kollegin, der Psychotherapeutin Katrin Reul. Ich freue mich sehr auf die Stunden in den neuen Räumen und ich denke, dass sie für viele Paare der Ort sein können, den sie sich für ihre Partnerschaft wünschen.

 

Psychologische Kinderbücher - auf das neue Jahr blicken

Seit meiner Ausbildung zur Schreiberaterin 2009 schreibe ich Texte für meine therapeutischen Arbeitsmaterialien. Neben diesen Materialien nutze ich auch Kinder(fach-)bücher in der Praxis sehr gerne. Eine Illustration bringt Manches besser zum Ausdruck als Worte und einige Zusammenhänge bleiben uns eher im Gedächtnis, wenn sie eingebettet sind in eine lustige oder zauberhafte Geschichte. Und immer wieder gibt es Situationen, in denen ich mit (Eltern-) Paaren an einem bestimmten Thema arbeite und mir eine solche Illustration oder Geschichte wünschen würde, aber es kein passendes Kinderbuch gibt. So habe ich 2020 mehrere Projekte begonnen und ich freue mich sehr, dass es im Laufe des Jahres 2021 hier einige Neuigkeiten geben wird. Die Kinderbücher, die ich geschrieben habe, gehören zu den Dingen, auf die ich mich besonders freue, denn: ich möchte sie auch mit meinen eigenen Kindern lesen.

 

Ganz unabhängig davon, wieviel Abstand wir zueinander beim Bäcker halten müssen, zu Hause können wir uns einkuscheln und miteinander schöne Momente sammeln.

Und diese sind umso wichtiger, je unruhiger es draußen ist.

 

Ich wünsche allen Paaren und Eltern, denen ich in meiner Praxis in diesem Jahr begegnet bin, allen Leser*innen meiner Texte und meinen Kolleg*innen einen guten Start in das neue Jahr. Lasst uns die vielen Möglichkeiten wahrnehmen und nutzen, in denen wir bunte Momente sammeln können - in der Familie, im Freundeskreis und im Job - auf welchen Wegen auch immer.  


Dies ist das Blog des Halthafens.

 

Meine Texte ergeben sich aus der Beschäftigung mit psychologischer und systemischer Literatur und Forschung, meinen Erfahrungen in der Paartherapie mit Eltern in meiner Praxis in Darmstadt und der Paarberatung und Paartherapie online sowie aus meinem Leben als Mama von zwei Kindern. Wenn du über neue Texte informiert werden magst, folge mir gerne auf Instagram oder trage dich gern für meinen Newsletter ein.