Psychologisch wertvolle Kinderbücher über das Streiten und Vertragen - Wenn magischer Minztee bei der Versöhnung hilft

Vor dem Streit sammeln wir Zaubermomente, die uns durch die Stürme des Lebens tragen.

Wir steigen auf unsere magische Gefühlsleiter, wenn wir im Tal der Konflikte den Überblick verloren haben.

Wir lernen Geheimtricks, um zu Expert*innen für Streit-Bauchweh zu werden.

Und wir malen mit dem Chamäleon der Versöhnung die Welt in den buntesten Farben.

 

Konflikte sind normal und wertvoll

Kinder und Erwachsene brauchen einen Ort, an dem sie sich willkommen und sicher fühlen. In Familien, in denen ein wärmendes Familienklima vorherrscht, gibt es aber nicht nur Geborgenheit und Fürsorge, sondern auch Reibung durch Konflikte. Wir tun uns schwer, diese Tatsache zu akzeptieren - geschweige denn wertzuschätzen oder zu nutzen. 

Dabei bringen Konflikte doch zum Ausdruck, dass die Familienmitglieder für sich einstehen und es in einer Familie erlaubt ist, dass verschiedene Menschen unterschiedliche Standpunkte haben.

 

Damit Kinder von Konflikten profitieren können, braucht es Erwachsene, die Verantwortung dafür übernehmen, wie es bei Unstimmigkeiten abläuft. Dazu gehört zum Beispiel die Art und Weise wie Erwachsene miteinander und mit den Kindern sprechen. 

Es kann einen Unterschied machen, ob wir zu einem Familienmitglied - zum Beispiel unserem Partner oder unserer Partnerin oder zu den Schulkindern - sagen: 

 

"Wieso räumst du nie die Spülmaschine aus? Du hast heute morgen gesagt, dass du das machst. Du bist und bleibst unzuverlässig!" 

Das ist eine Verallgemeinerung, die die Persönlichkeit des anderen Menschen kritisiert. 

 

...Oder ob wir sagen: 

 

"Wir hatten abgesprochen, dass du die Spülmaschine ausräumst. Es ärgert mich, dass du es nicht gemacht hast." 

Hier geht es um eine konkrete Situation und die eigenen Gefühle werden benannt.

 

Aber selbst wenn es uns gelingt, zum Großteil auf Verallgemeinerungen und Abwertungen zu verzichten, läuft im Familienalltag nicht alles rund. Wenn Menschen zusammentreffen, entgleisen Situationen auch mal - das kommt in allen Familien vor. Gerade wenn das Stresslevel hoch ist, sagen die Erwachsenen auch mal Dinge, die sie eigentlich gar nicht zueinander oder zu den Kindern sagen wollen. Und manchmal verheddern sich die Kinder in Streitereien mit Schubsen oder Fußtritten.

 

Als Paar vor den Kindern streiten, Streit zwischen Erwachsenen und Kindern und Geschwister-Streit

Streit kommt zwischen den Eltern vor, als Geschwister-Streit und auch zwischen den Generationen, wenn Erwachsenen und Kinder streiten. Ich habe oben schon angerissen, dass es uns oft schwer fällt, Konflikten gelassen zu begegnen: Viele Eltern haben verinnerlicht, dass Konflikte besser unter den Teppich gekehrt und Streit schnell beendet werden muss. 

Wir dürfen Streiten als wertvolles Feedback-Signal würdigen. Denn wir sind - die Großen und die Kleinen - anfälliger dafür, einen "Streit vom Zaun zu brechen" oder in einen Streit einzusteigen, wenn wir aus unserem inneren Gleichgewicht gerutscht sind. Wenn uns ein unerfülltes Bedürfnis Kummer macht. Oder wenn unsere persönlichen Grenzen übergangen wurden. 

 

Und hier liegt eine wunderbare Chance: wenn wir immer wieder mit den Kindern auf offene, unaufgeregte Weise über unsere "Streit-Zünder" sprechen, unterstützen wir sie dabei, grundlegende Kompetenzen für das Miteinander zu entwickeln. 

 

Bilderbücher über Streiten und Versöhnen, um wieder miteinander in Verbindung zu kommen

In meiner Praxis für (Online-) Paartherapie haben ich ein Regal voller psychologischer Kinderbücher zum Thema "Streit in der Familie". Auch zu Hause mit meinen eigenen Kindern nutze ich unsere Kinderbücher, wenn wir besprechen, warum es einen Streit gab - und welche Gefühle für uns daran beteiligt waren. 
Es gibt wunderbare Bücher, die dazu einladen, in die Welten der Figuren einzutauchen - und manchmal kommen in diesen Welten Zoff und Zank vor. In diesen Welten können kleine und große Leser*innen beobachten, wie sich die Herausforderungen des Familienlebens mit Fantasie meistern lassen. Nachfolgend stelle ich euch meine sechs Lieblingskinderbücher zum Thema "Streit in der Familie" vor. Zwei dieser Bücher sind psychologische Kinderbücher, die ich aus meiner therapeutischen Arbeit heraus selbst entwickelt habe. 

Ela, Elmo und die Zaubermomente -

Ein Kinderfachbuch über Bindung

(gemeinsam entwickelt mit Marlene Monzel, erschienen im Mabuse-Verlag)

 

Thematisiert: Streit der Eltern, Geschwister-Streit, Streit zwischen Erwachsenen und Kindern  

 

Damit es Kindern und Erwachsenen in Beziehungen gut gehen kann, braucht es einen Gegenpol zu den herausfordernden, schwierigen Momenten; wir brauchen "Zaubermomente", die uns Freude machen oder Trost spenden. Dieses Kinderbuch habe ich während der Corona-Pandemie entwickelt und verliert nicht an Aktualität. Ela und ihr Freund Elmo zeigen, dass das Zusammenleben mit anderen Menschen zauberhaft-schön sein kann. Doch auch, dass große Gefühle dazugehören, die wehtun können - zum Beispiel während oder nach einem Streit. An die Geschichte schließt ein Mitmach-Teil für Kinder an. Ein Fachteil für Erwachsene vermittelt außerdem Hintergrundwissen und gibt Anregungen, wie die Großen unterstützen können, wenn Kinder von Lieblingsmenschen verletzt wurden.

 

Mona und die magische Gefühlsleiter -

Emotionsregulation und körperliche Regulation zauberhaft erklärt

(gemeinsam entwickelt mit Marlene Monzel, erschienen im Verlag Ernst Reinhardt)

 

Thematisiert: Geschwister-Streit, Streit zwischen Erwachsenen und Kindern  

 

Dieses Buch liegt mir besonders am Herzen, weil es die körpereigenen Bewältigungsstrategien von Kindern zeigt: Im Buch erklärt Onkel Merlin aus dem Zauberladen dem Mädchen Mona, mit einfühlsamen Metaphern und einer "Gefühlsleiter", was bei einem Streit in ihr vorgeht und wie sie sich helfen kann. Denn Familie kann anstrengend sein. Vor allem wenn Mona bei einem Streit wütend wird, Mama schimpft und Mona sich danach am liebsten verkriechen will ... Mitmachseiten animieren zum Ausprobieren. Für Erwachsene gibt es umfangreiches Online- Material mit psychologischem Hintergrundwissen zu den Themen Streitkultur und Selbstregulation. (ein früherer Artikel von mir zum Weiterlesen: „Keine Angst, Mama und Papa, wir streiten nur!“ Wie eine magische Leiter streitenden Geschwistern und schimpfenden Eltern helfen kann)

 

Das kleine Wir

(von Daniela Kunkel, Carlsen Verlag) 

 

Thematisiert: Geschwister-Streit bzw. Streit unter Kindern im Kindergarten und in der Schule

 

In diesem wunderbaren Buch geht es um das "Wir-Gefühl" von Emma und Ben. Sie haben sich gestritten. Auf kreative und kindgerechte Weise erklärt das Buch, was ein "Wir-Gefühl" ist und wie "Risse" in der Freundschaft repariert werden können. Inzwischen gibt es "Das kleine Wir" für viele Lebensbereiche: zu Hause, im Kindergarten, in der Schule. 

 

Der kleine Bauchweh

(von Corinna Leibig, Mabuse Verlag) 

 

Thematisiert: Streit zwischen Kindern und Erwachsenen

 

Ein wunderbare Buch über das Streiten und Vertragen, auch schon für die Kleinsten: Der kleine Bauchweh sitzt in seiner Höhle und hat schlimme Bauchschmerzen – er fragt sich, woher diese kommen. Er macht sich auf die Suche und entdeckt, dass der Streit mit dem großen Bauchweh etwas damit zu tun. Glücklicherweise weiß der große Bauchweh, was bei Bauchschmerzen nach einem Streit zu tun ist.

 

Warum gibt es eigentlich Streit?

(von Sandra Grimm und Lena Ellermann, Carlsen Verlag) 

 

Thematisiert: Streit der Eltern, Geschwister-Streit, Streit zwischen Erwachsenen und Kindern 

 

Dieses Buch ist eine Art Kinder-Sachbuch über das Streiten. Es ist sehr umfangreich und kann auch immer wieder seitenweise genutzt und angeschaut werden. Besonders schön ist die Rahmung: auf einer ersten Doppelseite werden verschiedene Konflikt-Situationen gezeigt und auf einer Doppelseite am Ende des Buches erfahren Leser*innen, wie die beteiligten Personen den Konflikt auflösen konnten. Die vielen Illustrationen laden zum Entdecken ein. Nach meinem Empfinden ist dieses Buch für ältere Kindergartenkinder und Schulkinder wunderbar geeignet.

 

 

Manchmal gibt es einfach Streit

(von Dagmar Geißler, Loewe Verlag) 

 

Thematisiert: Streit der Eltern

 

Dieses Buch zeigt einen Tag im Leben eines Jungen, der einen Streit seiner Eltern miterlebt. Als Leser*innen dürfen wir die Familie begleiten und dabei beobachten, wie sie mit der Situation umgeht. Wir erleben auch mit, welche Gefühle der Junge durchlebt.

 

 

Nach einem Streit geht es immer darum, sich miteinander wieder sicher zu fühlen

Es gibt inzwischen eine Vielzahl an wunderbarer Kinderbücher über das Streiten und Vertragen. Am Ende des Tages darf jede Familie die Bücher für sich finden, die am besten zum eigenen Stil und zum Entwicklungsstand des Kindes passt. Und übrigens muss es nicht immer ein psychologisches oder pädagogisch-wertvolles Kinderbuch sein, das dabei hilft, nach einem Streit wieder miteinander in Verbindung zu kommen. Jedes Buch, das den Lesenden Freude macht, ist geeignet.

Und wenn es mal kein Buch ist, das dabei hilft, nach einem Streit eine Brücke zu bauen, dann ist es vielleicht etwas anderes:

So oder so geht es darum, dass Kinder und Erwachsene nach einem Streit das Gefühl von Sicherheit spüren.

 

Vieles, das uns Kummer und Sorgen bereitet, sind ganz normale menschliche Erfahrungen; auch Konflikte in der Familie. Einerseits können sie manchmal einfach anstrengend für uns Eltern sein - andererseits ist jeder Konflikt eine Chance einander besser kennenzulernen und einen ganz eigenen Weg als Familie zu (er-)finden.



Herzlichen Dank an den Mabuse-Verlag und den Verlag Ernst Reinhardt für die wunderbare Zusammenarbeit.

Besten Dank an den Carlsen Verlag und den Loewe Verlag für die freundliche Genehmigung, die Buchcover zu zeigen.


Wer schreibt hier?

 

Dies ist das Blog des Halthafens von Julia Schneider, Psychologin und Mutter von zwei Kindern.

 

Meine Texte ergeben sich aus der Beschäftigung mit psychologischer und systemischer Literatur und Forschung, meinen Erfahrungen in der Paartherapie mit Eltern in meiner Praxis in Darmstadt und der Paarberatung und Paartherapie online sowie aus meinem Leben als Mama von zwei Kindern. Aus meiner Arbeit heraus entwickele ich außerdem psychologische Kinderbücher. Wenn du über neue Texte informiert werden magst, folge mir gerne auf Instagram oder trage dich gern für meinen Newsletter ein.