Eine digitale Brücke. Wie Smartphones in der Partnerschaft zur Verbindung beitragen können und wie nicht.

Smartphones in unserem Alltag und eine Wirkung auf unser Gehirn

Unsere Smartphones ermöglichen uns Kommunikation. Mit Menschen oder Apps.

Die Weise in der wir unsere Smartphones nutzen, kann in der Partnerschaft Nähe schaffen - oder Distanz erzeugen.

Wie eine Brücke, auf der wir in zwei Richtungen gehen können (näheschaffende und distanzerzeugende Wirkungen).

 

Als Menschen sind wir von Anfang an auf Verbindung zu anderen Menschen angelegt.

Durch Strukturen und Prozesse in unserem zentralen und autonomen Nervensystem.

Hier geht es um Reziprozität: wir erwarten auf ein Kontaktangebot (wenn wir zum Beispiel eine Frage stellen, einen Kaffee anbieten, die Arme auszubreiten, um jemanden in den Arm zu nehmen usw.) bestimmte Reaktionen in einem bestimmten zeitlichen Fenster.

 

Es gibt Orte, die für uns vielleicht für gemeinsame Zeit miteinander stehen.

Das Esszimmer, das Schlafzimmer, der Weg über die Sommerwiese.

Dort erwarten wir in besonderer Weise Reziprozität.

Wenn nun unser*e Partner*in körperlich anwesend ist und mental nicht, weil sie oder er gerade eine Mail beantwortet, an der Einkaufsliste bastelt, eine Überweisung erledigt oder neue Musik zusammenstellt, kann eine Irritation entstehen.

Für unser Gehirn.

Denn dann ist unser*e Partner*in als unsere Bindungsperson einerseits nah und gleichzeitig fern. Während die eine Verbindung aufgebaut wird (per Mail zur Chefin, zur Einkaufsliste oder Playlist), bricht die andere Verbindung (für eine bestimmte Zeit) ab. Oder entsteht erst gar nicht.

 

Das ist erst einmal weder gut noch schlecht.

Wir sind nicht 24 Stunden des Tages in Kontakt mit der oder dem Partner*in.

Entscheidend ist: Wenn uns diese Wirkung bewusst ist, dann können wir immer wieder mal schauen, welche Verbindung jetzt gerade dran ist. Und die Antwort kann einmal so ausfallen - und ein anderes Mal anders.

 

Wenn wir einander nicht irritieren möchten, können wir als Paar aktiv gestalten:

 

Es kann hilfreich sein, durch Worte sichtbar zu machen, was sich für unsere*n Partner*in unsichtbar im eigenen Handy abspielt.

 

Es kann hilfreich sein, zu informieren: "Ich bin dann mal kurz weg, auch wenn ich weiterhin hier sitze".

 

Es kann hilfreich sein, Zeiten festzulegen für ungeteilte Aufmerksamkeit. In denen die Smartphones ruhen.

 

Und wir können unsere Smartphones bewusst für unsere Partnerschaft nutzen.

Dafür, sich als Paar gemeinsam durch schwierige Tage oder Monate zu retten.

Oder dafür, sich einen frischen Wind um die Nase wehen zu lassen.

 

Insbesondere als Eltern dürfen wir um die Ecke und Reziprozität mal anders denken.

Es gibt einfach diese Phasen, in denen Eltern keine gemeinsamen Momente finden. Für Austausch oder Aufmerksamkeit - zur gleichen Zeit am selben Ort.

Vielleicht aber zeitversetzt oder an unterschiedlichen Orten.

 

Einander Nachrichten schreiben von der Arbeit aus (vielleicht auch erst nach Corona wieder).

Füreinander sorgen, indem die Einkaufsliste über das Handy durchgegangen wird.

Es gibt Tagebuch-Apps für Paare, Fernbeziehungs-Apps, "Was-ich-dich-schon-immer-fragen-wollte"-Apps. Und so weiter.

Da werde ich manchmal gefragt, ob das nicht komisch sei - über das Handy zu kommunizieren.

Das lässt sich nur von euch als Paar selbst beantworten. Es kommt drauf an. Wenn es für euch passt, dann passt es. Wenn es am Ende des Tages dazuführt, dass ihr in Verbindung bleibt, dann bleibt in Verbindung!

 

Und bei allen wunderbaren Möglichkeiten dürfen wir uns auch an dies erinnern: Körperkontakt kann nicht ersetzt werden.

Vielleicht stöbert ihr euch durch die Möglichkeiten der Smartphone-Nutzung als Paar - gemeinsam auf dem Sofa und Arm in Arm.


Ein Hinweis:

Wenn du oder dein*e Partner*in das Smartphone häufig nutzt zur Ablenkung von großen Sorgen oder Streit und Stress als Paar, der vielleicht auch eure Kinder belastet, dann kann professionelle Unterstützung hilfreich sein.

Hier beschreibe ich, welche Möglichkeiten es gibt.


Dies ist das Blog des Halthafens.

 

Meine Texte ergeben sich aus der Beschäftigung mit psychologischer und systemischer Literatur und Forschung, meinen Erfahrungen in der Paarberatung und Paartherapie mit Eltern in meiner Praxis in Darmstadt und online sowie aus meinem Leben als Mama von zwei Kindern. Wenn du über neue Texte informiert werden magst, folge mir gerne auf Instagram oder trage dich gern für meinen Newsletter ein.